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public-l - RE: [DENICpublic-l] DENIC-Contact-Objects

public-l AT list.denic.de

Subject: Public DENIC mailinglist

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RE: [DENICpublic-l] DENIC-Contact-Objects


Chronological Thread 
  • From: "Peter 'Rattacresh' Backes" <rtc AT helen.PLASMA.Xg8.DE>
  • To: public-l AT denic.de
  • Subject: RE: [DENICpublic-l] DENIC-Contact-Objects
  • Date: Wed, 5 Sep 2001 17:51:20 +0200
  • Organization: PLASMA

Hallo Christian,

> Das Hauptproblem am Domainsystem liegt an dem einfachen Umstand,
> dass es nicht fuer die Gesellschaft, sondern als technisch/humanes
> Hilfsmittel gedacht war. Es sollte eben nur die IP-Adressen ersetzen und
> ein wenig Virtualitaet ermoeglichen (IP's aendern sich - der Name nicht).

Und -- man hoere und staune -- es wird sogar noch als solches
genutzt! Alle Rechner, die ich zu verwalten haben, haben *genau
einen* Hostnamen, der auf die n IP-Adressen der Rechner mit n A RRs
verweist, und genau n Reverse-Verweise, die alle auf diesen Hostnamen
verweisen. Wenn ich virtuelle Server brauche, lege ich x CNAMEs auf
den 'einen wahren' Hostnamen an, wobei ich letzteres auch schon als
einen Kompromiss ansehe.

Wenn wir ueber den heutigen Status der DNS-Datenbank reden, sie ist
halt ein Opfer des unglaublich schlechten Designs der WWW-Technologie
bzw. des http-Protokolls. Objektiv im Nachhinein betrachtet kann man
das WWW naemlich hoechstens als 'schnellen Hack' bezeichnen, auch
wenn ich natuerlich die Pionierleistung eines verteilten
Hypertextsystems durchaus zu schaetzen weiss. Dazu kommt noch, dass
die Benutzerseite dieses System (sprich Browser) anfangs mit komplett
falschem Denkansatz implementiert wurde.

Ein Browser muesste eine Website ohne Stylesheets theoretisch so
anzeigen, als haette sie gar keine Tags, da der Browser
groesstenteils darstellt und sich -- bis auf Titel, Refresh-meta-tag
und Links und einige andere Kleinigkeiten -- fuer
Strukturinformationen, also Tags, nicht zu interessieren hat.
Desweiteren wird dieser falsche Denkansatz von den Nutzern noch
'faelscher' weitergefuehrt, die verzweifelt alles nur erdenkliche
tun, um mit Strukturtags ihre Seite zu dem Aussehen zu bewegen, das
sie haben moechten, und oft noch nicht einmal wissen, dass sie hier
versuchen, den Garten mit dem Rasenmaeher umzugraben.

Da verwundert es natuerlich nicht, dass auch bei der Addressierung
der Weg der schnellsten verfuegbaren Loesung gegangen wurde und dass
das DNS quasi zu einer Art Gelbe Seiten (tm) fuer Firmen mit WWW-
Seiten verkommen ist. Man merkt ja leicht, dass es eigentlich absolut
ueberfordert und fuer diese Aufgabe nicht erdacht worden ist. Unter
anderem an der extremen Beschraenkung des Zeichensatzes von DNS-
Labels und der Ineffizienz der inzwischen vorherrschenden flachen
Hierarchie.

Dabei beruht das Schema 'www.y.de' doch eigentlich nur auf einem
Missverstaendnis. Nach der Idee sollten Webseiten-Daten naemlich
eigentlich ueber die Verzeichnisstruktur auf dem Server-Rechner
kategorisiert werden, und nicht ueber den Namen, unter dem der Server
angesprochen wird. Um die Unabhaengigkeit des Rechners von seiner IP
zu erreichen setzt man einen rechner.x.de A RR mit dem
'einpraegsamen' Namen des Rechners. Um nun den 'Rechner mit der
Funktion www-Server der Firma x' unabhaengig von 'Konkrete Maschine
rechner.x.de' zu machen, legt man einen CNAME von www.x.de auf
rechner.x.de. Alles noch im Tao des DNS. Nun dachten jedoch viele
Firmen faelschlicherweise, 'www.x.de' bedeute 'Web-Seiten der Firma
x' und nicht 'Rechner mit der Funktion www-Server der Firma x' (weil
dort im Haupt-htdocs-Verzeichnis oft die Webseite des Providers zu
finden war, dem der Rechner gehoerte). Und sie verlangten ein
'www.y.de' anstatt 'www.x.de/y/' fuer ihre Seiten. Da fingen die
Probleme an.

Andererseits gab ja auch was hinter dem @ in der eMail-Adresse steht
einen Rechner an, der entweder per A RR direkt oder per MX ueber ein
Gateway zu erreichen war. Ganz strikt genommen stellt also jede eMail-
Adresse, bei der sich dieser Teil nicht bijektiv einem bestimmten
Rechner zuordnen laesst einen 'Missbrauch' des DNS dar. Ist aber zum
Kavaliersdelikt geworden. Ich persoenlich versuche, mich noch an der
urspruenglichen Idee zu orientieren (wie man an meiner eMail-Adresse
sieht). Denn wenn man die Technik so nutzt, wie sie erdacht wurde,
hat man gemeinhin mit den wenigsten Problemen zu rechnen.

Extrem strenggenommen duerfte nur jeder Eigentuemer mindestens eines
per IP-Adresse direkt oder Mail-Gateway fuer den Mail-Transfer
erreichbaren Rechners Anspruch auf eine Domain haben, weil nur solche
Personen ein berechtigtes Interesse an einem Eintrag in der DNS-
Datenbank haben.

Fazit: Geschaeftsleute wollen moeglichst schnell zum Ziel kommen, und
so werden die technischen Moeglichkeiten entgegen ihrer Intention
missbraucht, sprich Web*design* mit Strukturtags betrieben und im DNS
missbraeuchlicherweise ein Firmennamenkatalog erstellt. Die Domain-
Vergabe-Stellen druecken da gerne millionenfach die Augen zu, weil
die Leute eben Geld in ihre die Kasse bringen. Welches NIC kaeme
schon auf die Idee ein fuer das WWW massgeschneidertes, verteiltes
Verzeichnissystem/protokoll als Alternative zu diesem DNS-Missbrauch
vorzuschlagen, wenn man sich durch so eine Empfehlung Milliarden
entgehen laesst?

> Dann gibt fuer jeden Namen nur eine eindeutige SLD. - Und die wird nach
> der aktuellen Rechtsprechung nun mit einem Markennamen mehr oder weniger
> gleich gesetzt. Nur, dass im Gegensatz zum Markennamen ein Domain-Name
> NICHT von unterschiedlichen Branchen und Verbreitungsgebieten friedlich
> nebeneinander her genutzt werden kann.

Das ist nicht so ganz richtig. Ein Domainname kann naemlich schon
friedlich nebeneinander von quasi beliebig vielen Institutionen
nebeneinander genutzt werden. Wird er aber wegen der egoistischen
Grundhaltung der Kommerzwelt nicht. Was waere das Problem, bei einem
Disput ueber eine Domain einfach Third Level domains darunter zu
deligieren und die Second level domain selbst bei der
Registrierstelle zu behalten? Oder umgekehrt, sich die Domain
unterhalb ihres Themenbereichs deligieren lassen, wie linux.kernel.de
und linux.waschmittel.de. Aber nein, man beansprucht gleich alles und
ist ausserdem als Eigentuemer von kernel.de oder waschmittel.de nicht
bereit, weiter nach unten zu deligieren.

> Warum sollte dem Domain-Namen von hoeherer Stelle nicht endlich auch der
> entsprechende Stellenwert in der Wirtschaft offiziell zugestanden und
> entsprechende
> Aktivitaeten entwickelt werden?

Das ist wie oben erwaehnt meiner Meinung nach der falsche Weg. Das
WWW muesste generalueberholt werden und mit einem darauf
zugeschnittenen Verzeichnissystem versehen werden. Dann haette das
DNS endlich wieder seine Ruhe.

Was wollen die Leute denn? Sie wollen ein flaches Verzeichnis auf
Stichwortbasis (mit Unicode, Leerzeichen) und sie wollen, dass bei
Eingabe 'ihres' Stichworts eine Seite erscheint (oder bei passenden
Oberbegriffen wie 'Waschmittel' zur Auswahl steht) ueber deren
Aussehen (Stichwort Postscript), deren Verbreitung (Stichtwort
Digital Rights Managment) und deren Preis (Stichwort Firstgate und
Konsorten) sie 100%ige Kontrolle haben. Das '.de/.com'-Anhaengsel und
der eingeschraenkte Zeichensatz wird naemlich eh nur als laestig
empfunden. Auch sticht vielen ins Auge, dass HTML quasi immer im
Quelltext uebertragen wird und keine Proprietarisierung wie bei
Programmcompilation moeglich ist. Waere Flash, das dies einigermassen
ermoeglicht, kostenlos, haette es schon laengst die Ueberhand
gewonnen.

Otto Prollmarketing will im Internet naemlich verdienen, ohne was
auszugeben, also nehmen ohne zu geben. Also muss die unterliegende
Technik ohne Lizenzgebueren bleiben, aber die Erhebung von
Lizenzgebueren fuer die Inhalte ermoeglichen. Obwohl so ein System
auf die Dauer vom gesellschaftlichen Aspekt her gar nicht
funktionieren *kann*, sollte man es Otto Prollmarketing trotzdem
bereitstellen, damit er aufhoert, bestehende Techniken wie HTML oder
DNS zur Befriedigung seiner kommerziellen Informationsverschmutzung
zu missbrauchen.

Also Leute, programmiert sowas, verteilt es kostenlos an die
Geschaeftsleute, die sich darin austoben koennen und ihr seid der
neue Star des Internetkommerz. Und das DNS hat endlich Ruhe.

Oh Gott, ich hab mal wieder viel zu viel gesuelzt.

-- Peter 'Rattacresh' Backes, rtc AT helen.PLASMA.Xg8.DE





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